Zum 100. Geburtstag von Peter Paul Rickham 

Am 21. Juni 2017 jährt sich zum 100. Mal der Geburtstag eines der namhaftesten Vorkämpfer unseres Fachgebietes Kinderchirurgie. 

Geboren wurde er in Berlin als Sohn von Otto Louis Reichenheim. Im „Berliner Adressbuch“ von 1917 ist kein Otto Reichenheim aufgeführt, 1918 allerdings schon, als Dr. phil. Otto Reichenheim. Nach einer Pause findet man ihn ab 1925 als Prof. Dr. phil. verzeichnet, wohnhaft in einer Villa in Westend. Es dürften kaum Zweifel bestehen, dass es sich um das Vaterhaus von P. P. Rickham handelt. Otto Louis Isidor R., ein Physikprofessor, starb mit 62 Jahren 1950 in London. Ab 1935 ist er nicht mehr im Berliner Adressbuch erwähnt. Die jüdische Familie dürfte also Berlin und Deutschland mit drei Töchtern und zwei Söhnen beizeiten verlassen haben. 

Der Sohn, Peter Paul, besuchte die Kantonsschule in St. Gallen. Es folgte ein Medizinstudium im Queen’s College, Cambridge, und Saint Bartholomew’s Hospital Medical School. Er nahm an der Invasion in Nordfrankreich im Juni 1944 teil, und an Kriegshandlungen im Pazifik, und erreichte den Rang eines Majors im Royal Army Medical Corps. 

Seine Ausbildung zum Kinderchirurgen erfolgte danach bei Denis Browne am Hospital for Sick Children in London und bei Isabella Forshall am Alder Hey Children’s Hospital in Liverpool, mit einer einjährigen Abrundung in Boston und Philadelphia als travelling fellow. 1952 wurde er Consultant Paediatric Surgeon im Alder Hey, 1965 Director of Paediatric Surgical Studies. 

1971 wurde er zum Leiter und Professor als Nachfolger von Max Grob an das Universitäts- Kinderspital Zürich berufen, wo er bis zu seiner Pensionierung blieb. 

Rickham war ein besessener Forscher. Schon seine Master’s Thesis befaßte sich mit der Reaktion des Stoffwechsels von Neugeborenen auf einen chirurgischen Eingriff. Die Hydrozephalusbehandlung erweiterte er durch die Entwicklung eines „Rickham“-Reservoirs zum Holter-Ventil. Neben zahlreichen Publikationen erschien 1969 in London sein Lehrbuch „Neonatal Surgery“, das über viele Jahre weltweit in Gebrauch war. Liverpool verdankt ihm die erste chirurgische (Intensiv-)Station für Neugeborene der Welt, und erhöhte damit die Überlebensrate von Neugeborenen nach chirurgischen Eingriffen von 22 % auf 74 %. 

Er war Mitbegründer der BAPS, des Journal of Pediatric Surgery und der Association of Spina Bifida and Hydrocephalus. 

Ehrungen blieben nicht aus: Er war Hunterian Professor des College of Surgeons 1964 und 1967, bekam die Denis Browne Goldmedaille, die Medaille der American Academy of Pediatrics, und wurde 1979 Ritter der Ehrenlegion. 

Nach einem Schlaganfall wurde er über lange Zeit von seiner Frau Lynn gepflegt, bis er am 17. 11. 2003 starb. 

Rickham war ein Mann des vorigen Jahrhunderts, aber dabei ein Pionier der ersten Stunde unserer Kinderchirurgie. Sein einhundertster Geburtstag ist geeignet, unser Selbstbewusstsein aufzurütteln.

Götz Borgwardt