Kinder angemessen auf Operationen vorbereiten
DGKCH fordert präoperativen Tag in der Kinderchirurgie

Berlin, April 2012 - Krankenkassen vergüten künftig für Kinder keinen präoperativen Krankenhaustag mehr. Stattdessen sollen die kleinen Patienten – auch Säuglinge – erst am Morgen der Operation nüchtern im Krankenhaus anreisen, dort umgehend auf ihren Eingriff vorbereitet und anschließend operiert werden. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) akzeptiert dies nicht: „Hier werden wesentliche Kriterien einer modernen, kindgerechten Medizin ökonomischen Argumenten untergeordnet“, wendet Professor Dr. med. Jörg Fuchs, Präsident der DGKCH aus Tübingen ein. Kranke Kinder dürften nicht unter den Einsparungen im Gesundheitssystem leiden. Im Rahmen des Chirurgenkongresses in Berlin fordert die DGKCH die Kassen auf, den präoperativen Tag für Kinder beizubehalten.

Bislang erlaubte der präoperative Tag, Kinder umfassend auf eine Operation einzustellen: Sie reisen gemeinsam mit den Eltern am Tag vor der Operation im Krankenhaus an, gewöhnen sich ein und übernachten dort. Vor allem aber bereiten Ärzte und Pflegekräfte die Kinder schon am Vortag des Eingriffs darauf vor: Nehmen Blut ab, stellen falls nötig Medikamente um und führen Untersuchungen durch. Häufig sind Kinder erkältet: „Falls ein Kind krank ist, wäre es damit nicht OP-fähig“, erläutert Professor Fuchs, der als Direktor die kinderchirurgische Universitätsklinik in Tübingen leitet. Am Tag der Operation gilt es zu überwachen, dass die Kinder nüchtern bleiben. Besondere Aufmerksamkeit gehört dabei den Säuglingen. Hier kann durch Hungern eine möglicherweise lebensbedrohliche Unterzuckerung entstehen. Hat ein Patient wiederum morgens gegessen, können Ärzte nicht operieren. Denn falls er sich unter der Einleitung der Narkose erbricht, kann er schlimmstenfalls daran ersticken.

Um Ausgaben für den präoperativen Tag einzusparen, zahlen die Kassen dafür bei Erwachsenen nicht mehr. Dies soll jetzt auch bei Kindern zur Regel werden. „Einer Abschaffung dieses Tages bei Kindern können wir jedoch unter keinen Umständen zustimmen“ mahnt Professor Fuchs. Gerade bei Säuglingen sei äußerste medizinische Sorgfalt auf allen Ebenen der Versorgung gefordert. Auch die Vorbereitung schwer kranker Kinder, beispielsweise von Tumorpatienten sei sehr komplex. Ein weiterer Aspekt ist die Anreise: „Eltern nehmen für die Operation ihres Kindes in einem kinderchirurgischen Zentrum oft lange Anreisen in Kauf“, gibt der Experte zu Bedenken. Schwerkranken Kindern, die aufwändige chirurgische Eingriffe vor sich haben, sei nicht zumutbar, sich nach der langen Fahrt einer Operation zu unterziehen. Kindgerechte Medizin bedeute nicht nur ärztliche Behandlung und Pflege, meint auch DGKCH- Experte Privatdozent Dr. Philipp Szavay: „Denn gerade bei unseren Patienten spielt insbesondere die psychosoziale Einbettung zur Vermeidung von Stress eine wichtige Rolle“, so der leitende Oberarzt an der Abteilung für Kinderchirurgie der Universitätsklinik Tübingen.

Im Rahmen des Chirurgenkongresses vom 24. bis 27. April in Berlin betont die DGKCH, dass sie das Kostenargument der Kassen nicht gelten lässt: „Krankenkassen müssen die Konsequenzen ihrer Entscheidung im Zweifelsfall nicht tragen. Wir aber stehen in direkter Verantwortung für unsere kleinen Patienten“ so der Präsident der DGKCH. „Die Besonderheiten einer kindgerechten, medizinisch sorgfältigen und juristisch abgesicherten kinderchirurgischen Versorgung werden bei der Abschaffung des präoperativen Tages nicht berücksichtigt.“ Die DGKCH fordert deshalb die Krankenkassen nachdrücklich auf, ihre Entscheidung zu überdenken.


 

Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie

Gegründet im Jahr 1963, schafft die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) bis heute Grundlagen für eine bestmögliche kinderchirurgische Versorgung in Deutschland. Dazu gehören Neugeborenenchirurgie, allgemeine Kinderchirurgie und Kindertraumatologie ebenso wie Kinderurologie. Die DGKCH vertritt das Fach in allen wissenschaftlichen, fachlichen und beruflichen Belangen. Derzeit praktizieren hierzulande Fachärzte für Kinderchirurgie in mehr als 80 kinderchirurgischen Kliniken, Abteilungen und als Niedergelassene. Kinderchirurgie gehört in die Hände von Kinderchirurgen. Denn ihre Patienten sind keine kleinen Erwachsenen.

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